Rittergut und Schloß Tannhausen (poln. Jedlinka). In der Chronik steht: "Das Dominium Tannhausen war 1889 durch Kauf an Leutnant Gustav (Adolf) Böhm (Onkel 2.Grades meines Großvaters Paul Erdmann Böhm, also mein Urgroßonkel 2. Grades) aus Hermsdorf, Kreis Waldenburg, Bezirk Breslau, übergegangen. Das Rittergut mit etwa 130 Morgen Acker und Wiesen wurde anfangs von der Herrschaft selbst bewirtschaftet. Seit 1903 verpachtet. Der größte Teil des Gutes bestand aus etwa 1700 Morgen Wald. Seit dem 18.Nov.1890 war der Schloßherr verheiratet mit Maria Margaretha Clara Warmbt, älteste Tochter des früheren Kaufmanns Richard Warmbt in Waldenburg und seiner Ehefrau geborene Raschdorf."
Hinweise zu Warmbt Bild 1 und Bild 2
Tannhausen (Jedlinka) ist heute ein Ortsteil von
Jedlina-Zdrój (Bad Charlottenbrunn).
Gustav Adolf Böhm (*4.Sept.1864 +20.Mai 1933) wurde erwähnt
1894 Leutnant a.D.
1905 Rittmeister der Landwehr-Kavallerie,
1917 Rittmeister der Landwehr-Kavallerie a.D.,
1920 Aufsichtsratmiglied des Steinkohlenbergwerkes "Glückhilf-Friedenshoffnung" in Hermsdorf,
1920 Mitglied des Pferdedezernates,
1921 "Ritter des Eisernen Kreuzes" und
1925 Major.
1. Rittmeister Ulrich Hans Joachim Böhm, (1892-1945),
Inhaber des Eisernen Kreuzes
2. Major Werner Willy Richard Böhm, (1893-1950),
Inhaber des Eisernen Kreuzes,
kehrte nach dreieinhalbjähriger russischer Gefangenschaft im Februar 1918 (Oberleutnant) durch Flucht aus Sibirien wohlbehalten zurück,
3. Leutnant Reinhard Gustav Hellmut Böhm, (1894-1978), wanderte 1925 nach Südwest-Afrika aus (Farm Wolfsgrund)
Inhaber des Eisernen Kreuzes
4. Erika Johanna Christine Böhm, (1900-1950).
Ferner lesen wir in der Chronik (Stand 1921): "Nach altem Brauch und guter Sitte zogen gleich zu Beginn des (ersten) Weltkrieges der Schloßherr und seine drei Söhne freiwillig ins Feld 'mit Gott für König und Vaterland', zu schirmen Heimat und Vaterhaus."
Besitzer des Rittergutes 1937: Böhm'schen Erben, Bevollmächtigter: Dipl.-Ing. Werner Böhm
Das Schloßgebäude besetzte die NSV "National-Sozialistische Volkswohlfahrt" und 1944 die OT "Organisation Todt", 1945 sowjetische Kommandantur und in kommunistischen Zeiten war das Rittergut eine Kolchose.
Das im Gutsbezirk liegende Schloß, damaliger (1925) Besitzer Major Böhm, wurde im Jahre 1862 erbaut bzw. erweitert, teilweise auf den Grundmauern des alten Schlosses. Das älteste Schlößlein soll 1428 von Hussiten zerstört worden sein.
In der Zeit des ersten Schlesischen Krieges (1740-1742) gehörte das Rittergut Tannhausen dem General-Feldmarschall Freiherrn Hans Christoph von Seherr-Thoß, welcher in österreichischen Diensten stand. Er hatte wiederholt seinem Kaiser Karl VI. abgeraten, Friedrich II zu bekriegen, ihn lieber durch Gebietsabtretungen zu entschädigen. Sein Rat wurde nicht befolgt. Der Krieg begann. Sein Besitz Tannhausen wurde beschlagnahmt und von einem preußischen Obersten, dem Grafen von Truches, verwaltet. Seherr-Thoß war Geheimrat, Gouverneur von Mähren und Österreichisch-Schlesien und Chef eines Kürassierregimentes. Er vermählte sich später in zweiter Ehe mit der Gräfin Charlotte von Pückler, der Gründerin von Bad Charlottenbrunn. Da Friedrich der Große während des 1. Schlesischen Krieges dem österreichischen Feldmarschall nicht traute, beschlagnahmte er alle seine Güter, gab sie jedoch 1747 wieder heraus. Der Feldmarschall starb 1743 in Brünn.
Der zweite Schlesische Krieg 1744 und 1745 brachte mehr Leiden und Beschwerden. Die preußische Armee mußte sich aus Böhmen zurückziehen. Vier Kolonnen, geführt vom Könige und den Königlichen Prinzen, marschierten durch Wüstegiersdorf und Tannhausen und nahmen hier Quartier. Das Schloß Tannhausen war für den König Friedrich II, die Königlichen Prinzen und den Grafen Ludwig Wilhelm von Münchow, Provinzialminister von Preußisch-Schlesien (1742-1753), als Wohnung ausersehen. Der König blieb nur vier Tage da; aber seine Armee weilte von Dezember an den ganzen Winter hier.
Im dritten Schlesischen Kriege (Siebenjähriger Krieg) 1756 -1763, schlugen Fürst Moritz von Dessau und
General Graf Hans Joachim von Zieten (1699-1786), "dem alten Zieten", 1758 ihr Hauptquartier im Schlosse zu Tannhausen auf. Es herrschte im Volke große Hungersnot und Sterblichkeit.
Am 22. Juli 1762 besuchte König Friedrich II (der Große) Wäldchen, weilte auf dem Neukretschamberge und in der Nähe von Erlenbusch.
Der Gutsbezirk Tannhausen wurde im April 1929 aufgrund der Änderung des Gemeindeverfassungsrechts vom 27.Dezember 1927 aufgelöst und zu Wüstegiersdorf eingemeindet (Wüstegiersdorf - Ortsteil Tannhausen).
Quellen:
Informationen aus der "Chronik von Tannhausen, Blumenau, Erlenbach, Bad Charlottenbrunn und Sopienau" von Rektor Karl Bergmann, 1921.
"Bilder aus dem Waldenburger Bergland" von Max Kleinwächter, 1925.
Güteradressbuch 1894 Besitzer: Gustav Böhm, Lieut. a.D.
Fläche 300ha: 80ha Acker, 13ha Wiesen, 200ha Holz,
3ha Weiden, 4ha Hof
Grdst.-R.-E. 2241 M, Brauerei und Brennerei (verpachtet).
Güteradressbuch 1905
Güteradressbuch 1917
Güteradressbuch 1937
Waldenburg in Schlesien, von Erwin Stein; aus der Reihe: Monographien
deutscher Städte, Band 26, Berlin 1925.
Aus der Geschichte des Kreises Schweidnitz, Dr. Radler.
Schlesien-Mailing-Liste.
Aus privater Familien-Sammlung: Immo Böhm, Windhoek, Namibia "Chronik von Dominium und Schloss Tannhausen":
bearbeitet von Kantor Scholz, Tannhausen 1892 und ergänzt bis 1951 durch Reinhard Böhm, Farm Wolfsgrund in Südwestafrika (heute Namibia).
Transkription durch J. Kutzner im Auftrag von Hartmut Böhm, Windhoek, Namibia, Juli 2008, 95 Seiten.
Tannhausen, Mittel-, Nieder- und Ober-, Reg. und Ober-Landes-Gericht Breslau,
Landrathamt Waldenburg; 1 königliche Post-Expedition des Post-Amtes Schweidnitz
am Ort; Eigentümer Emanuel Graf v. Pückler; Partimonal-Gericht, Justitiar
Lindner in Waldenburg. (Schweidnitz-Jauer'sche Fürstenthums-Landschaft, auch
landräthlich vor 1818). 1 königliches Chaussee-Zollhaus.
a) Mittel-Tannhausen, Dorf, Süd-Ost 5/4 Meilen von der Kreisstadt; 93 Häuser,
632 Einwohner, (katholisch 17), katholische Kirche zu Nieder-Tannhausen,
Parochie Waldenburg; ev. Kirche zu Chalottenbrumm; 1 evangelische Schule, 1
Lehrer, Collatur Grundherrsch.; 1 Freischoltisei, 2 herrschaftliche Vorwerke, 1
ansehnliches Schloß, mit vorzüglicher Brauerei, deren Stettiner Bier weit
verfahren wird; 1 Brennerei, 2 Wassermühlen, 2 Brettmühlen, 1 Wassermangel, 2
Leinwandwalken, 1 Hängehaus, 4 Bleichhäuser, 25 Leinwebstühle, 1
Steinkohlen-Förderungs-Dampfmaschine, 2 Steinkohlengruben: a) Sophie, 21.000
Tonnen kleine Kohlen; b) Karl, in Fristen. Auch alter verlassener im Jahre 1536
begonnener und neuerdings wieder untersuchter Kupferbau.
b) Nieder-Tannhausen, auch Erlenbusch genannt, Dorf, Süd-Ost 6/4 Meilen von der
Kreisstadt; 31 Häuser, 203 Einwohner, (katholisch 17); 1 katholische
Mutterkirche, Adjunkt von Waldenburg, von den Evangelischen erbaut 1593, ihnen
genommen 1654, in ihr wird alle 4 Wochen Messe und Predigt gehalten; von den
Evangelischen jedoch auch zu Leichenreden genutzt. Sie ist massiv mit Schindeln
gedeckt, und mit einem größeren und kleineren Thurme geziert; evangelische
Kirche zu Charlottenbrunn. 1 Krankenhaus, 2 Bleichen.
c) Ober-Tannhausen, auch Blumenau genannt, Dorf, Süd-Ost 6/4 Meilen von der
Kreisstadt; 1235 Fuß (nach Mosch) über der Ostsee; 53 Häuser, 336 Einwohner,
(katholisch 9); Kirchen wie Mittel-Tannhausen; 17 Leinweberstühle, 4
Bleichhäuser, 1 Hängehaus, 1 Wassermangel, 2 Leinwandwalken, mit den
Bleichhäusern verbunden, 2 Wassermühlen, 1 Brennerei.
Informationen aus: J.G. Knie, J.M.L. Melcher, Geographische Beschreibung von Schlesien
preußischen Antheils, der Grafschaft Glatz und der preußischen
Markgrafschaft Ober-Lausitz, Grass, Barth & Comp., Breslau 1830